Selbstführung in einer agilen Welt
- Sabine Hahn
- 23. Juli 2021
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Aug.
Neue Anforderungen, neue Haltung und warum Selbstführung immer wichtiger wird.
Selbstführung zählt zu den entscheidenden Fähigkeiten der modernen Arbeitswelt – und gewinnt gerade in agilen, dynamischen Kontexten massiv an Bedeutung. Ob erfahrene Führungskraft oder junge Leitungspersönlichkeit: Wer sich selbst wirksam führt, schafft Klarheit, Priorität und Souveränität im Umgang mit Komplexität.
Doch Selbstführung ist mehr als Disziplin oder Zeitmanagement. Sie verlangt Reflexion, Verantwortung und die Fähigkeit, sich unter Unsicherheit gezielt auszurichten. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Selbstführung im Kern bedeutet, warum sie für Führungskräfte in agilen Umfeldern unverzichtbar ist – und wie sie sich konkret entwickeln lässt.
Selbstführung und "agile Selbstführung"
Selbstführung bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, sich selbst zu erkennen, zu verstehen und bewusst zu steuern. Es geht darum, Verantwortung für das eigene Handeln und die persönliche Entwicklung zu übernehmen, um langfristig erfolgreich zu sein. Selbstführung bedeutet, dass Führungskräfte ihre Werte, Ziele, Stärken und Schwächen kennen und in Einklang mit ihnen handeln. Sie können ihre Emotionen und Reaktionen reflektieren und entsprechend kontrollieren, was zu einer ausgeglichenen und authentischen Führungspersönlichkeit führt.
Häufig liest man auch Texte oder Ratgeber, in denen Selbstführung mit Selbst- oder sogar Zeitmanagement synonym gesetzt wird. Das ist aber nicht ganz passend, denn bei der Selbstführung geht es nicht nur darum, „sich zu managen“ und Abläufe oder direkt das ganze Leben effizienter zu gestalten. Es geht auch darum, achtsam zu sein, die eigenen Ressourcen und Grenzen zu kennen, Empathie sich selbst gegenüber zu entwickeln, um genau diese dann auch dem Team zuteil werden lassen zu können.
Selbstführung basiert auf drei zentralen Fähigkeiten, die Führungskräfte gezielt entwickeln können:
SelbsterkenntnisWer sich selbst kennt – die eigenen Stärken, Werte, Antreiber und Grenzen – kann bewusster und authentischer führen. Selbsterkenntnis ist die Basis für Klarheit und Entwicklung.
SelbstverantwortungStatt Probleme zu delegieren oder Ausreden zu suchen, übernimmt eine selbstführender Mensch Verantwortung für Entscheidungen und deren Folgen. Das fördert Eigeninitiative und Integrität.
SelbststeuerungGemeint ist die Fähigkeit, das eigene Denken und Verhalten bewusst auszurichten – z. B. durch Emotionsregulation, Zielklarheit oder bewusste Reaktionen unter Druck.
Diese drei Bereiche sind trainierbar. Coaching, Feedback, Reflexionsroutinen oder Achtsamkeitspraxis können dabei helfen.
Agile Selbstführung ist eine Weiterentwicklung all dessen und passt sich den Anforderungen einer agilen Arbeitswelt an, dabei kommt insbesondere folgenden Faktoren eine große Bedeutung zu:
Adaptivität: Agile Selbstführung bedeutet, dass Führungskräfte ihre Fähigkeit zur Anpassung und Flexibilität weiter ausbauen. Sie erkennen, dass Planänderungen und Unsicherheit Teil des agilen Umfelds sind und lernen, diese als Chance für Wachstum zu nutzen.
Selbstorganisation: Agiles Arbeiten erfordert eine erhöhte Selbstorganisation. Führungskräfte müssen in der Lage sein, ihre Aufgaben autonom zu planen, Prioritäten zu setzen und Entscheidungen zu treffen, ohne ständige Anleitung von oben.
Kollaboration und Empowerment: Agile Führungskräfte fördern eine Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens. Sie stärken ihre Teams, indem sie ihnen Verantwortung übertragen und die Fähigkeiten und Meinungen jedes Teammitglieds wertschätzen.
Schnelles Lernen und Anpassen: In agilen Umgebungen ist schnelles Lernen und Anpassen entscheidend. Agile Selbstführung ermutigt Führungskräfte, aus Fehlern zu lernen, kontinuierlich zu verbessern und sich selbst sowie ihre Teams voranzutreiben.

Selbstführung ist die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln zu reflektieren, um sich weiterzuentwickeln und persönliche Ziele zu erreichen. Sich selbst führende Menschen sind motivierter, leistungsstärker und zufriedener.
Selbstführung für Führungskräfte
Führung beginnt bei der eigenen Person. Wer andere führen will, muss zuerst lernen, sich selbst zu führen. Selbstführung bedeutet, das eigene Denken, Fühlen und Handeln bewusst zu steuern – statt sich von Routinen, Reizen oder äußeren Erwartungen leiten zu lassen.
Führungskräfte mit ausgeprägter Selbstführung sind in der Lage, klare Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen, ihre Emotionen zu regulieren und auch in Stresssituationen handlungsfähig zu bleiben. Sie sind nicht reaktiv, sondern reflektiert. Sie handeln aus einer inneren Klarheit heraus – und schaffen damit Orientierung für andere.
Selbstführung muss sich immer von oben nach unten entwickeln. Eine Abteilung, in der die Führungskraft sich nicht effektiv selbst führt, kann dies auch nicht von den Mitarbeitern erwarten. Das Problem ist, dass wir Führungskräften zwar eindringlich bewusst machen, dass sie ihr Team erfolgreich zu führen haben, effektive Selbstführung steht aber oftmals nicht in der Jobbeschreibung und ist deshalb längst nicht in allen Unternehmen zu finden.
Im Führungskräfte-Coaching mache ich immer wieder die Erfahrung, dass viele Führungskräfte weder über Zeit und Raum noch das notwendige methodische Instrumentarium verfügen, sich selbst stringent zu führen. Oft braucht es gar nicht viel, aber allein die Idee, Selbstführung auf die tägliche To-do-Liste zu setzen, ist auch zu wenig.
In agilen Organisationen gehören eine starke Selbstführung sowie die eigene Persönlichkeitsentwicklung fast zum „daily business“. Die Grundhaltung dabei ist, sich permanent selbst infrage zu stellen, zu reflektieren, sich dadurch weiterzuentwickeln und dauerhaftes Lernen als Bestandteil der eigenen Entwicklung zu etablieren.
Mitarbeitende kommunizieren transparent, auch über gemachte Fehler. Im Netzwerk wirken sie zusammen, verbinden ihre Kräfte, nutzen Perspektivenvielfalt zur Lösungsfindung und reflektieren Ergebnisse. Die Selbstführung, der offene Umgang mit eigenem Verhalten, das Reflektieren als Individuum und im Netzwerk führen zur Weiterentwicklung des Einzelnen sowie der ganzen Organisation.
Selbstführung für Fachkräfte
Wer sein Unternehmen nach agilen Werten und Maßstäben führt, weiß, dass eigenverantwortlich agierende Mitarbeiter ein unverzichtbarer Teil dessen sind. Wenn nicht nur Führungs-, sondern auch Fachkräfte, Mitarbeitende sich effektiv selbst führen, übernehmen sie automatisch mehr Verantwortung im Unternehmen und für ihr eigenes Handeln. Außerdem handeln sie lösungsorientierter, aus eigenem Antrieb und haben bestenfalls die Freiheit, der Situation angemessen eigene Entscheidungen zu treffen und sich vermehrt im Unternehmen einzubringen.
Nicht nur die Organisation, auch die Mitarbeiter profitieren natürlich. Mit der Selbstführung steigt die Stressresistenz. Motivation und damit einhergehend auch das Engagement im Job steigen, Fehltage reduzieren sich. Das ist nicht zuletzt auf eine höhere Fokussierung zurückzuführen, die den Mitarbeitern erlaubt, richtige Prioritäten zu setzen und diese nacheinander zu bearbeiten – mit denen, die den größten Impact haben, zu Beginn.
Methoden der Selbstführung
Im vorigen Abschnitt haben wir die drei Säulen kennengelernt, die gemeinsam die Grundlage für jede Selbstführung bilden: Selbsterkenntnis, Selbstverantwortung, Selbstregulation. Im Folgenden möchte ich einige Übungen bzw. Methoden skizzieren, die zur Selbstführung in agilen Zeiten beitragen, indem sie eine oder mehrere dieser Säulen trainieren:
Zeit für bewusste Selbstreflektion: Nehmen Sie sich in einem regelmäßigen Rhythmus (z. B. jeden Freitag 30 Min. oder jeden Morgen 5 Min. usw.) Zeit, um über den Tag oder die Woche zu reflektieren. Was lief gut, wo hat es gehakt und warum?
Klären der eigenen Ziele: Ohne Ziele können keine Aufgaben und Meilensteine definiert werden. Agile Selbstführung bedeutet aber auch das Anpassen der Ziele, wenn sich die Umstände geändert haben.
Akzeptieren der eigenen Schwächen und das Hervorheben der eigenen Stärken: Fehler dürfen geschehen und können wertvolle Erkenntnisse für die Selbstführung geben. Das Motto ist „Stärken stärken“. Konzentrieren sie sich auf die Bereiche, in denen sie bereits gut sind oder werden sie dort noch besser.
Das Einplanen von Pausen und Auszeiten wie freien Tagen oder Urlaub: Es wird empfohlen, alle 60 bis 90 Minuten eine kleine Pause zu machen. Die Pomodoro-Technik kann helfen, Mikropausen in den Alltag zu integrieren. Aber auch ein Urlaubstag pro Monat, der bewusst für die persönliche Entwicklung genutzt wird, kann hilfreich sein.
Das bewusste Abgeben von Aufgaben und Delegieren: egal ob als Führungskraft ins Team oder als Unternehmer an externe Freelancer. Delegation will gelernt sein und geht oft mit einem empfundenen Kontrollverlust einher. Der Preis für konsequentes Delegieren ist ein Fokus auf die eigenen Prioritäten.
Bewusstes „Nein sagen“: Oftmals steht hinter einer hohen Arbeitslast bzw. einem Zuviel an allem nicht zu viel Arbeit im Unternehmen bzw. im eigenen Business, sondern der eigene Anspruch „schon irgendwie alles zu schaffen“. Dem können Sie entgegenwirken, indem sie auf Alarmglocken hören und lernen, „Nein“ zu sagen.
Den Blick von außen zulassen: Sehr wertvoll kann die Unterstützung durch einen erfahrenen Coachsein, wenn die Selbstreflexion nicht mehr gelingt oder die Selbstführung optimiert werden soll.
Fazit:
Selbstführung ist die Grundlage moderner Führung.
In agilen Zeiten reicht Fachwissen allein nicht mehr aus. Führungskräfte brauchen innere Klarheit, Resilienz und die Bereitschaft zur Entwicklung. Selbstführung verbindet genau das: Sie macht Führung wirksam, glaubwürdig und menschlich.
Wer als Führungskraft heute Verantwortung trägt, sollte Selbstführung nicht dem Zufall überlassen. Sie ist trainierbar – und eine Investition, die sich vielfach auszahlt.
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