New Work und Bürokultur: Vom Arbeitsplatz zum Begegnungsraum
- Sabine Hahn
- 20. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Warum Einzelbüros, graue Teppiche und Halogen Strahler bald ausgdient haben.
Unsere Arbeitswelt befindet sich in einem stetigen Wandel. New Work ist längst mehr als nur ein trendiges Schlagwort. Es beschreibt eine umfassende Veränderung, die die Arbeitskultur revolutioniert und Unternehmen den Weg in die Zukunft weist. Dabei geht es nicht nur um flexible Arbeitszeiten oder ortsunabhängiges Arbeiten – es geht um eine ganzheitliche Herangehensweise, die die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellt und ebenso die Gestaltung unserer Arbeitsumgebungen neu denkt.
In diesem Beitrag erfährst du:
Für mich persönlich ist dieses Thema keineswegs neu. Ich habe über zehn Jahre in der Games-Industrie gearbeitet, einige davon in London. Schon damals waren unsere Büros bunt, kreativ und offen gestaltet – lange bevor wir dafür den Begriff New Work verwendeten. Open Spaces, Begegnungszonen und eine Atmosphäre, die Kreativität förderte, gehörten dort ganz selbstverständlich dazu. Überall gab es bunte Bilder an den Wänden auch Playstations,Kicker etc. Diese Erfahrung hat mich geprägt und zu einer überzeugten Anhängerin von New-Work-Büros gemacht – seit vielen Jahren schon. In Büros mit Teppich bekomme ich leider Fluchtreflex.
Warum Begegnung im Büro so entscheidend ist
In Zeiten von Homeoffice und hybriden Modellen stellt sich die Frage: Wofür brauchen wir eigentlich noch Büros? Studien zeigen, dass die Antwort weit über den reinen Arbeitsplatz hinausgeht. Die New-Work-Benchmark-Studie von Detecon hebt „Places & Spaces“ als eine der zentralen Dimensionen moderner Arbeitswelten hervor. Räume, die Begegnung ermöglichen, fördern nicht nur Kreativität und Innovation, sondern steigern auch das Gefühl von Zugehörigkeit.
Eine Untersuchung von Detecon gemeinsam mit HR|Impulsgeber und der DHBW belegt: Unternehmen, die New-Work-Prinzipien konsequent umsetzen, steigern sowohl die Mitarbeiterzufriedenheit als auch ihre Attraktivität als Arbeitgeber. Psychologische Studien zeigen zudem, dass gerade die informellen Momente – das Gespräch am Kaffeeautomaten, die zufällige Begegnung auf dem Flur – entscheidend sind für den Austausch von Ideen und die Entstehung von Innovation.
Wie moderne New Work Räume Zusammenarbeit ermöglichen
Das moderne Büro ist weit mehr als eine Ansammlung von Schreibtischen. Es ist ein Ökosystem aus unterschiedlichen Zonen, das die Vielfalt der Arbeit widerspiegelt. Activity-Based Working erlaubt es Mitarbeitenden, je nach Aufgabe zwischen Fokuszonen, Kreativräumen, Meetingbereichen oder Lounges zu wechseln. Flexible Möbel, modulare Raumkonzepte und digitale Infrastruktur unterstützen diese Beweglichkeit.
Dabei ist die Büroeinrichtung kein ästhetisches Beiwerk, sondern ein entscheidender Faktor für Motivation und Wohlbefinden. Ergonomische Arbeitsplätze beugen gesundheitlichen Problemen vor, während smarte Technologien – von drahtlosen Konferenzsystemen bis hin zu interaktiven Whiteboards – Zusammenarbeit auch über Standorte hinweg ermöglichen. Rückzugszonen sorgen dafür, dass konzentriertes Arbeiten nicht zu kurz kommt, während offene Flächen Begegnung und Austausch fördern.

Welche Praxisbeispiele Orientierung geben
Wie wirkungsvoll diese Konzepte sind, zeigen zahlreiche Praxisbeispiele. Detecon selbst hat seine Büroflächen in Deutschland und der Schweiz nach New-Work-Prinzipien neu gestaltet und die Mitarbeitenden aktiv einbezogen. Die Räume wurden dadurch nicht nur funktional, sondern spiegeln auch die Kultur des Unternehmens wider.
Auch die Fraunhofer-Studie „New Work – Best Practices und Zukunftsmodelle“ zeigt: Unternehmen, die ihre Büros als Kulturorte verstehen, berichten von gesteigerter Motivation und Innovationskraft. Coworking-Spaces liefern eine weitere Evidenz: Dort, wo offene Flächen bewusst Begegnung ermöglichen, entstehen spürbar mehr Kooperationen und kreative Ideen.
In der Realität zeigen zahlreiche Unternehmen: New-Work-Bürogestaltung ist kein ferner Idealzustand, sondern wird konkret gelebt. Hier sind einige starke Beispiele:
NEW WORK SE – New Work Harbour, Hamburg
New Work SE hat in der Hamburger HafenCity ihr Headquarter „New Work Harbour“ im ehemaligen Unilever-Haus eröffnet. Dort arbeiten über 900 Mitarbeitende ohne feste Einzelarbeitsplätze, es gibt keine klassischen festen Schreibtische. Vielmehr wurde das Gebäude nach New-Work-Prinzipien umgestaltet: offene Workspaces, Rückzugs- und Entspannungszonen, Kreativräume wie Musikzimmer, Bibliothek, Meditationsräume, eine Eventküche und sogar ein Sonnendeck. Wichtig war u. a. die Nutzerbeteiligung: Mitarbeitende konnten Wünsche und Ideen in die Gestaltung einbringen.
OTTO – Headquarter Hamburg-Bramfeld
OTTO hat sein neues Büroquartier in Hamburg-Bramfeld modernisiert und in ein kreatives New-Work-Umfeld transformiert. Das ehemalige Lager- und Versandgebäude wurde umgebaut, moderne Arbeitszonen geschaffen und Technologien integriert, die hybride Arbeitsformen unterstützen. Während Homeoffice und Präsenzarbeit kombiniert werden, fungiert das Büro als Ort der Begegnung und Kreativität. Auch Desksharing und offene Meetingflächen gehören dazu.
REWE digital – Köln / Carlswerkhallen
In Köln wurden die Carlswerkhallen für REWE digital umgestaltet: Industriecharme mit offenen Hallenflächen, Team-Kubus-Räumen, frei nutzbaren Begegnungszonen und Ruhezonen. Die Gestaltung erfolgte partizipativ, sodass Teams und Mitarbeitende mitentscheiden konnten. Das Büro bietet vielfältige Räume je nach Tätigkeit und Bedarf – kreativ arbeiten, konzentrieren, kollaborieren etc. Lepel & Lepel+1
Microsoft – Hamburg Innenstadt
Microsoft hat in der Hamburger Innenstadt ein modernes Büro eingerichtet: auf etwa 1.000 m² mit flexiblen Arbeitszonen, Konferenz- und Meetingräumen, offenen Bereichen für kreative Zusammenarbeit und vielen Möglichkeiten für hybride Arbeit. Klassische Einzelarbeitsräume sind dort stark reduziert. Die Gestaltung berücksichtigt sowohl gemeinschaftliche Arbeitsformen als auch Ruhe und Rückzug. Source+1
Deutsche Telekom – Standort Bonn
Die Telekom hat in Bonn und an weiteren Standorten bestehende Büros umfassend modernisiert: klassische Zellstrukturen wurden aufgebrochen, offene Büroflächen und informelle Begegnungszonen geschaffen. Rückzugsräume, moderne Infrastruktur und bessere Licht-/Akustikverhältnisse zählen zu den Elementen. Nachhaltigkeit und Mitarbeitendenkomfort nehmen eine zentrale Rolle ein.
In letzterem bin ich tatsächlich schon vor vielen, vielen Jahren regelmässig zu Meetings gewesen und haben den frühen Umbbau miterlebt. Sehr spannend!
Welche Herausforderungen und Trends die Zukunft bestimmen
Natürlich bringt die Gestaltung von Büros als Begegnungsorte auch Herausforderungen mit sich. Umbauten kosten Geld, technologische Ausstattung will sorgfältig geplant sein, und vor allem braucht es einen kulturellen Wandel. Räume allein verändern nichts – entscheidend ist, dass Führungskräfte und Teams sie mit Offenheit, Vertrauen und einer gelebten Fehlerkultur füllen.
Die Zukunft der Arbeitsumgebung wird zudem stärker von Nachhaltigkeit und Wohlbefinden geprägt sein. Unternehmen investieren in ressourcenschonende Materialien, energiesparende Technologien und gesundheitsfördernde Konzepte. Work-Life-Balance, mentale Gesundheit und ganzheitliches Wohlbefinden rücken dabei ebenso in den Fokus wie Effizienz und Produktivität.
Fazit und Einladung zum Dialog
Das Büro der Zukunft ist kein Ort, an den man „muss“, sondern einer, an den man „will“. Es ist der Raum, in dem Kultur erlebbar wird, Innovation entsteht und Menschen miteinander in Verbindung treten. Studien von Detecon, Fraunhofer und vielen anderen zeigen: Unternehmen, die Büros bewusst als Begegnungsorte gestalten, gewinnen nicht nur im Wettbewerb um Talente, sondern stärken auch ihre Innovationskraft und Mitarbeiterbindung.
Aus meiner Erfahrung in der Begleitung von Transformationsprozessen weiß ich: Räume sind oft der sichtbarste Hebel, um Kultur zu verändern. Wenn du gerade darüber nachdenkst, wie sich Arbeit in deinem Unternehmen weiterentwickeln soll, beginne bei den Räumen. Analysiere, welche Flächen genutzt werden, experimentiere mit Begegnungszonen und binde dein Team aktiv ein.
👉 Wenn du Lust hast, dieses Thema in deinem Unternehmen anzugehen, lass uns ins Gespräch kommen. Gemeinsam können wir herausfinden, wie deine Büroflächen zu echten Begegnungsorten werden – für mehr Energie, mehr Miteinander und eine Arbeitswelt, die Zukunft hat.
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