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Neu in Führung

Aktualisiert: 14. Sept. 2023

Wie der Rollenwechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten gelingt.



Erstmalig Führungskraft zu sein ist eine große Herausforderung. Möglicherweise sind Sie Ihrer Fachkenntnisse wegen befördert worden, müssen aber nun feststellen, dass Ihre neuen Aufgaben weniger als bislang im Bereich der fachlichen Kompetenzen liegen. Die Anforderungen und Erwartungen an Sie verändern sich und liegen nun stärker im Bereich der Kommunikation, der Konfliktbewältigung, des vorbildhaften Verhaltens und der Ergebnisorientierung. Auf diese neuen Aufgaben wurden Sie vermutlich kaum vorbereitet und das, obwohl Ihr Verhalten nun sehr viel größere Auswirkungen hat als zuvor.


Was bedeutet also Führungsverantwortung genau? Wie gelingt der Rollenwechsel? Welche typischen Fehler sollten Sie dabei vermeiden? Und wie erlangen Sie Souveränität als Führungskraft?


All dies erfahren Sie in diesem Blogbeitrag:


Was ist eigentlich Führung?


Als Führungskraft werden Sie an Ihrer Fähigkeit zur Koordinierung der Mitarbeiter und zur übergreifenden Organisation der zu führenden Abteilung oder Gruppe gemessen. Da sie in ständig wechselnden und häufig nicht vorhersehbaren Situationen stattfindet und von vielen Umweltfaktoren abhängt, ist Führung ein schwer zu definierender Begriff, und die Bedingungen ihres Erfolgs sind kaum allgemein zu formulieren. Die meisten Führungsdefinitionen beschränken sich daher auf den wesentlichen Kern der Führung, auf die Beeinflussung von anderen:


Führung ist jede zielbezogene, interpersonelle Verhaltensbeeinflussung mit Hilfe von Kommunikationsprozessen (Baumgarten 1977).


Welche Kommunikationsmittel Sie einsetzen und mit welchem Erfolg Sie die zielbezogene Verhaltensbeeinflussung erreichen, dabei stehen Sie als Führungskraft von allen Seiten unter Beobachtung. Die Vorgesetzten erwarten, dass Ihre Führung erfolgreich im Sinne der Zielerreichung ist. Die Mitarbeiter erwarten, dass Ihre Führung angemessen ist, im Hinblick auf die Methoden der Verhaltensbeeinflussung. Nicht immer ist eine Deckung dieser beiden Erwartungen einfach herzustellen. Die Erwartung, dabei auch noch vorbildlich agieren zu müssen, übt zusätzlichen Druck aus. Daher ist es entscheidend für Ihren Führungserfolg, Aufgaben und Erwartungen klar zu kennen.


Was sind nun also die Aufgaben einer Führungskraft? Als Führungskraft fördern Sie die Strategien des Unternehmens, indem Sie sie in Ziele und Maßnahmen übersetzen und verständlich kommunizieren. Sie leben die Unternehmenskultur und fördern die Motivation. Sie schaffen also – entsprechend Ihres Handlungsspielraums im Unternehmen – ein Arbeitsumfeld, in dem jeder Mitarbeiter sich und seine Leistungen zum Nutzen des Unternehmens entfalten und einbringen kann. Führungserfolg zeigt sich dabei nicht nur in einer guten Bilanz, sondern auch in Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. Diese so genannte soziale Effizienz beeinflusst wiederum den wirtschaftlichen oder technologischen Unternehmenserfolg langfristig positiv.


Führungskräfte und Mitarbeiter sind Menschen mit individuellen Bedürfnissen, Werte und Fähigkeiten. Führung heißt:

  • Unternehmensziele gemeinsam mit den Mitarbeitern im Rahmen der gegebenen Strategie, Struktur und Kultur zu verfolgen.

  • Menschen zu eigenverantwortlichem Handeln zu bewegen, indem man vorhandene Kompetenzen nutzt und fördert.

  • Eine offene und integrative – also in beide Richtungen durchlässige - Kommunikation zu pflegen.

  • Richtungsweisend und verantwortungsvoll zu agieren.




Die ersten 100 Tage


Der erste Eindruck prägt, es gilt also die richtigen Signale zu setzen und Fettnäpfe zu umgehen. Das Problem: Als Führungskraft prasseln plötzlich lauter neue Erwartungen auf Sie ein. Die Vorgesetzten, die Kollegen und Ihre Mitarbeiter, alle haben bislang ungekannte Erwartungen, wie Sie die neue Rolle ausfüllen. Wie aber soll man den Einstieg erfolgreich gestalten, wenn so vieles neu und unbekannt ist?


Die gezielte Vorbereitung der ersten 100 Tage hilft, die Gratwanderung zwischen Zuhören, Aufnehmen, Lernen auf der einen Seite und Struktur und aktiver Orientierung geben auf der anderen Seite erfolgreich zu meistern. Denn beides, Aktivität sowie Respekt vor dem Bestehenden, wird von Ihnen verlangt.


Nehmen Sie die ersten 100 Tage als Herausforderung an. Analysieren Sie zunächst die Ausgangssituation. Bewerten Sie diese mit entsprechender Priorisierung und gehen dann zielgerichtet in die Umsetzung. Damit zergliedert sich diese Phase in drei etwa gleichlange Zeiträume. Diesen vorgelagert ist eine möglichst genaue Informationsphase.


  1. Die Vorbereitungsphase: Noch vor Antritt auf der neuen Position gilt es, sich Klarheit zu verschaffen über die Erwartungen, die an Sie als Führungskraft gestellt werden. Sie müssen wissen, ob Ihr Vorgesetzter von Ihnen Veränderungen oder die Fortführung des bisherigen Stils erwartet. Legt er oder sie besonderen Wert auf Umsatz, Kundenorientierung oder Mitarbeiterbindung? Ist Innovation und Kreativität gefragt oder reibungsloses und fehlerfreies Arbeiten? Beantworten Sie diese Fragen auch für sich und für Ihr Unternehmen. Dort, wo sich diese Erwartungen überschneiden, werden Sie sich in Zukunft sicher bewegen, in den anderen Feldern ist Vorsicht geboten.

  2. Die Beobachtungsphase: In der Beobachtungsphase gilt es so viele Informationen wie möglich aufzunehmen. Sprechen Sie mit Mitarbeitern, Kollegen, Kunden. Hören Sie zu, fragen Sie nach und sichten Sie Unterlagen, um sich möglichst schnell ein umfassendes Bild der Prozesse, Erwartungen, Stärken und Schwächen zu verschaffen. Dadurch knüpfen Sie wichtige Beziehungen. Vermeiden Sie es in dieser Phase Entscheidungen zu treffen, neue Strukturen einzuziehen oder alte zu verändern. Vielleicht versuchen Kollegen, Kunden oder Lieferanten Ihre Unerfahrenheit auszunutzen und Entscheidungen zu bekommen, die Sie später bereuen werden. Fragen Sie die Mitarbeiter auch nach ihren persönlichen Zielen, Erwartungen, nach ihrer Selbsteinschätzung zu Stärken und Schwächen, sowie nach reizvollen und lästigen Aufgaben. Sie zeigen damit nicht nur Interesse, Sie erhalten auch viele Informationen, die für die Mitarbeiterführung und Aufgabensteuerung wichtig sind.

  3. Die Analysephase: In der Analysephase beginnen Sie die Informationen zu bewerten. Bevor Sie aber Lösungen generieren, legen Sie sich Ihre Handlungsfelder fest und priorisieren Sie diese. Denn es gilt nicht nur das Richtige, sondern vor allem auch das Wichtige zu tun. So vermeiden Sie vorschnelle Lösungen, die als Aktionismus wahrgenommen werden. Nun sollten Sie sich die Frage stellen, wer zur Lösungsfindung beitragen kann und sollte. Machen Sie Betroffene zu Beteiligten! Sie ersparen sich hierdurch viel Überzeugungsarbeit und vertiefen die Kontakte.

  4. Die Umsetzungsphase: In der Umsetzungsphase planen Sie die anstehenden Veränderungen. Achtung: Vieles wird einen deutlich längeren Zeithorizont benötigen als die ersten 100 Tage. Dennoch können Sie vieles bereits jetzt in Ihr Pflichtenheft aufnehmen. Binden Sie in der Umsetzungsphase Ihre Mitarbeiter ein. Delegieren Sie Aufgaben und sichern die Nachhaltigkeit, indem Sie sinnvolle Kontrollpunkte setzen. (HIER lesen Sie meinen Blogbeitrag zum Thema Führungsinstrument Delegation.)


Praxis-Tipp: Vermeiden Sie vorschnelle Entscheidungen in der Beobachtungsphase. Bedanken Sie sich für die Vorschläge, notieren Sie sich diese und kommen Sie in der Umsetzungsphase darauf zurück. Dann können Sie einschätzen, welche Veränderungen der Erreichung Ihrer Ziele tatsächlich dienen. Ihr Gegenüber wird es verstehen, dass Sie sich zunächst einen Überblick verschaffen müssen.


Typische Fehler vermeiden


Im Folgenden finden Sie eine Übersicht von taktischen und typischen Fehlern kurz nach dem Rollenwechsel. Diese sollten Sie möglichst vermeiden:

  • Veränderungen zu schnell angehen, eine Ab-heute-wird-alles-anders-Haltung

  • Überbetonung der Chefrolle („Ich bin jetzt der Chef“)

  • zu hoher Selbstanspruch, Perfektionismus

  • Spannungen „persönlich“ nehmen

  • sich für zu viel verantwortlich fühlen

  • Konflikten ausweichen, statt sie zu lösen

  • nach Geheimnissen von Mitarbeitern fragen

  • mögliche Konkurrenten oder unterlegene Mitbewerber nicht einbinden

  • sich den Rücken nicht freihalten und alles selber machen

  • die Mitarbeiter in ihren Ängsten und Erwartungen nicht ernst nehmen

  • die ersten 100 Tage nicht nutzen.


Als Führungskräftetrainerin & -coach möchte ich Ihnen wirklich an’s Herz legen, sich selbst in den ersten 100 Tagen selbstkritisch auf Anzeichen dieser Fehler zu überprüfen. Mit wenig Stolz und kompletter Aufrichtigkeit kann ich sagen, dass ich selbst in meiner ersten Führungsrolle fast alle dieser Fehler gemacht habe, mal mehr mal weniger.


Ein Führungskräfte-Coaching kann Sie beim Rollenwechsel unterstützen und Ihnen bei der Selbstreflektion helfen.




Herausforderungen an die neue Führungsrolle


Vergleiche mit dem Vorgänger

Als neue Führungskraft werden Sie in der Regel mit der vorherigen verglichen und müssen sich mit ihren Gegnern und Sympathisanten auseinandersetzen. Diese Vergleiche sind nicht vermeidbar. Es ist aber möglich, im Gespräch über die Leistungen des Vorgängers sowie über die eigenen Leistungen zu sprechen, ohne sich direkt an ihnen messen zu lassen. Zeigen Sie dem Vorgänger gegenüber Respekt. Erfüllen Sie die neue Führungsrolle demonstrativ und verabschieden Sie sich aktiv von Ihrer alten Rolle als Stellvertreter oder Befehlsempfänger.


Neue Distanz

Der Rollenwechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten ist nicht immer einfach und angenehm. Es geht nicht nur darum, Aufgaben, die Sie bisher selbst geleistet haben, an die Kollegen zu delegieren, sondern auch darum, die bisherigen Kollegen zu führen – das beinhaltet beispielsweise Personalentscheidungen und Beurteilungen. Die Distanz zu Ihren früheren Kollegen wächst, ungezwungene Gespräche werden schwieriger und seltener. Ein vorher herzlicher Umgangston kann reserviert werden. Andersrum wissen Sie nicht, ob ihnen entgegengebrachte Zustimmung oder Freundlichkeit nicht nur dazu dient, sich selbst in einem guten Licht darzustellen. Als Führungskraft gehören Sie zwar noch zum Team, aber nicht mehr zur Gruppe der Kollegen. Ihr soziales Beziehungsgefüge im Team verändert sich grundlegend. Jeder Versuch, das zu negieren, führt zur Verleugnung der Führungsrolle und zieht oft große Unruhe im Team nach sich. Wenn Sie aber respektvoll mit den Kollegen umgehen und selbst ein Vorbild sind, so werden Sie von Ihren früheren Mitarbeitern auch in Ihrer neuen Rolle respektiert. Das ist nicht das Gleiche wie vorher, aber der bestmögliche Ersatz.


Delegation an Ex-Kollegen

Es ist einfach, die Aufgaben, die Sie bisher selbst erledigt haben, nicht abzugeben und damit die Hierarchie im Verhältnis zu den alten Kollegen zu überspielen. So werden aber die strategisch-konzeptionellen Aufgaben nicht erledigt, für die die Delegation Freiräume schaffen würde. Räumen Sie Ihren neuen Aufgaben Priorität ein und geben Sie vertraute Rollen und Aufgaben an andere weiter. Sollte Ihnen das schwerfallen, führen Sie regelmäßige Gespräche und Zielvereinbarungen mit den eigenen Vorgesetzten, in denen Sie dies reflektieren.


Betriebsblindheit

Sie kennen die Mitarbeiter und Beziehungen zwischen ihnen sehr gut – auch ihre Bedenken und Zweifel. Das kann dazu führen, dass Sie zu wenig fragen und zu wenig innovative Ideen vorschlagen, weil Ihnen Bedenken und Zweifel schon im Vorhinein klar sind.


 

Mit meinem E-Book Grundlagen der Führung den Grundstein für souveräne Führung legen:


 

Dem Team Orientierung geben


Die Antrittsrede ist die erste offizielle „Duftmarke“, die Sie hinterlassen. Sie dient der Orientierung der Mitarbeiter und des gesamten Teams. Würden Sie nur die oben beschriebenen Phasen durchlaufen, würden Sie sich selbst zwar zunehmend Sicherheit verschaffen – eine Sicherheit, die Sie benötigen, bevor Sie handeln – Ihre Mitarbeiter blieben aber verunsichert. Was ist das für einer? Wo will er hin? Welche Schwerpunkte wird er setzen? Wie viel Veränderung kommt auf uns zu? Solcherlei Fragen beschäftigen die Mitarbeiter bewusst oder unbewusst. Solange handfeste Informationen fehlen, werden sie daher versuchen sich ein Bild, anhand der unvollständigen Informationen, über die sie verfügen, zu machen.


Geben Sie daher so viel Orientierung wie möglich, teilen Sie die Punkte mit, die klar und unumstößlich sind. Die Antrittsrede ist hierfür ein geeignetes Instrument. Die Beachtung von Kommunikationsregeln, das Pflegen bestimmter Umgangsformen und die Kommunikation, der von Ihrem Vorgesetzten und dem Unternehmen mitgetragenen Vision sind weitere Orientierungspunkte, die helfen, diese erste Phase zu gestalten.


Halten Sie die Antrittsrede möglichst früh, so vermeiden Sie wilde Spekulationen über Ihre Person. Außer- dem vermeiden Sie wilde Interpretationen, warum Sie mit der einen Person oder dem anderen Bereich zuerst gesprochen haben.



Sie werden von Ihren Mitarbeitern genau beobachtet. Daher ist es Ihr vorbildhaftes Verhalten, das zwischen der Antrittsrede und der Umsetzungsphase dem Team die notwendige Orientierung gibt. Kundenorientierung, Ergebnisorientierung, respektvoller Umgang, Offenheit und Vertrauen: Leben Sie es vor!

Themen einer Antrittsrede können sein:


  • Meine Vision, die wichtigsten Ziele für die nächsten Jahre (Die Ziele und die Vision müssen attraktiv und erreichbar sein.)

  • Mein Führungsstil als Vorgesetzter, meine Werte. (Was Sie hier ankündigen, müssen Sie einhalten! Reden Sie daher nicht davon, wie Sie sein möchten, sondern wie Sie tatsächlich sind.)

  • Meine Erwartungen an die Mitarbeiter. (Die Erwartungen betreffen sowohl die Arbeitsleistung als auch die Arbeitsatmosphäre und die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Ihnen.)

  • Umgang mit Schwierigkeiten, Teamarbeit. (Schwierigkeiten können Fehler, Herausforderungen, erhöhter Arbeitsanfall sein.)

  • Über mich persönlich. (Was wollen Sie von sich preisgeben? Haben Sie ein Motto, das Sie als Führungskraft leitet?)


PS: Sollten Sie diesen Blogbeitrag lesen und schon die ersten 100 Tage als Führungskraft hinter sich haben, scheuen Sie sich dennoch nicht, zu den Themen oben in einem Team-Meeting o.ä. zu sprechen. In meinen Führungskräfte-Coachings erlebe ich immer wieder, dass Vertrauensaufbau im Team etwas damit zu tun hat, was und wieviel ich über meinen Vorgesetzten weiß. Sind Sie als Führungskraft eher verschlossen oder auch bewusst zurückhaltend, ist es nicht verwunderlich, wenn Ihr Team u.U. wenig Nähe und Vertrauen aufbauen kann.



Fazit


Der Rollenwechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten ist ein herausfordernder, aber auch spannender Schritt. Dabei gilt es nicht nur einige typische Fehler zu vermeiden, sondern sich insbesondere gut vorzubereiten, eine Menge Informationen zu sammeln und Maßnahmen zu planen. Eines ist dabei vor allem wichtig: Geduld und der Wille zur kontinuierlichen Selbstreflexion. Denn: Führungskräfte-Entwicklung ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Führungskräfte-Trainings oder auch individuelle Coachings können Sie bei Ihrem Rollenwechsel unterstützen.


Kontaktieren Sie mich gern! Stellen Sie mir gern HIER eine unverbindliche Anfrage.




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